META | Eine Annäherung
Etwas stimmt nicht.
Alles ist mir fremd geworden. Auch meine eigenen Hände.
Ein dumpfer Druck in den Adern, Schmerz hinter den Augen, ein Brennen auf der Haut.
Was ist geschehen?
Als hätte sich plötzlich die Luft verändert, die ich atme, als hätten die Bäume beschlossen, von nun an in andere Richtungen zu wachsen.
Ich erkenne die Wege nicht mehr, die ich so oft gegangen bin.
Ich erkenne mein Gesicht nicht mehr, wenn ich in den Spiegel blicke.
War es mir je bekannt?
Wer hat den Vögeln gesagt, sie sollen lieber tot sein als lebendig?
Warum sind manche Grenzen so verschwommen und andere Kanten so klar?
Die Sonne scheint nur noch dann, wenn sich der Mond freiwillig ergibt.
Etwas stimmt nicht.
Es haben sich Mauern um mich errichtet, von Zeit zu Zeit zerbröseln sie einfach, als hätten sie keine Freude mehr an der aufrechten Haltung.
Und dann bauen sie sich wieder auf, viel höher als zuvor.
Wenn ich dem Wasser zusehe, wie es auf mich zuströmt, mich umfängt und mit sich reißt,
dann bin ich froh, dass nichts mehr so ist, wie früher.
Ich kann jetzt unter Wasser atmen.
Es ziehen Leben an mir vorbei, ganze Generationen an Menschen, die mir jemals etwas bedeutet haben.
Und auch solche, deren Gestalt ich nur aus Träumen kenne, von deren Duft nur meine Seele weiß.
Ihre Anteile vermengen sich in mir.
Ich löse mich auf, wenn schwerer Regen auf mich fällt. Es ist gut, formlos zu sein.
Fragt mich nicht, wer ich bin. Denn ehe ich eine Antwort gebe, haben sich Worte bereits verflüchtigt
und das, was ich bin, wird zu dem, das ich war.
Kein Auge kann erfassen, kein Geist begreifen, was sich hinter blassen Häuten und feinen Knochen verbirgt.
Wie es sich verhält, wenn man es schützt, wie es sich verhält, wenn man es schlägt – das, was darunter liegt.
Ich verstehe nicht. Doch mein Körper weiß.
In Wellen schwemmt es die Furcht in alle Nischen meiner Selbst und irgendwo, an einem unsichtbaren Ort, lebt die Lust daran.
Wenn Beine weiter wollen, werden sie meist gehalten von leeren Erwartungen und trostlosen Erinnerungen.
Einfach bleiben geht nicht.
Alles wandelt sich ständig, ändert seine Gestalt, also muss auch ich mich wandeln.
Wenn man lange genug in die Fremde starrt, wird sie einem irgendwann zum Freund.
Meine Wangen gleichen den dunklen Flächen der Wolken, die mal wie Federn, mal wie dichte Teppiche über mir und auch in mir weilen.
Irgendwann wird sich alles ähnlich, auch Totes und Lebendiges.
Stimmen verdichten sich und kriechen in Räume wie schüchterner Nebel.
Wenn sich die Welten in Sicherheit wiegen, dann brechen sie auf, die Münder und Augen.
Wenn ich nur wüsste, ob ich noch ich bin oder schon verwandelt.
Ich ließe alles hinter mir und tauchte ein in fremde Welten.
Ich wäre ein Wesen, nackt, an mir klebte nichts als pures Leben.
All das Fremde, all das Unbekannte würde sich vor mir verstecken und ich, ich würde es mit sanfter Stimme hervorlocken und in den Arm nehmen.